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Ich steige aus!

Warum immer mehr Mediziner den Arztberuf verlassen und was Technologie daran ändern könnte.

geschrieben von Massimo Barbagallo
1. Oktober 2024
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Hohe Aussteigerquote unter jungen Ärzten

Wiederholt finden sich Artikel über die wachsende Menge an jungen Arbeitskollegen, die den Arztberuf an den Nagel hängen. “Übermüdung führt zu fehler”, “40 Prozent der Assistenzärzte geben an, mehr als elf Stunden pro Tag zu arbeiten”, “drei Viertel der befragten Assistenzärzte geben an, weniger als 30 Minuten Mittagspause zu machen” und weitere negativ konnotierte Erkenntnisse waren das Ergebnis einer im 2022 durchgeführten Umfrage vom VSAO (Verband schweizerischer Assistenz- und Oberärzte/innen) an 4500 Assistenzärzte/innen.

Diesbezüglich ist es nicht verwunderlich, dass die Aussteigerquote unter den Mediziner hoch ist. Erste Daten hierzu stammen aus einer Recherche vom Magazin “Profil” in Österreich, wobei von den initial 1400 Medizin-Absolventen/innen nach wenigen Jahren nur noch 900 im Berufsregister auffindbar waren. Auch gemäss einer älteren Umfrage vom gfs.bern aus dem Jahre 2016 steigen 8.4 – 12.9% der Mediziner aus der ärztlichen Tätigkeit aus. (1)

"Von den initial 1400 Medizin-Absolventen/innen nach wenigen Jahren nur noch 900 im Berufsregister auffindbar"

Gründe für den Ausstieg: Zunehmende Bürokratie

Was sind die Gründe hierfür? Welche Massnahmen könnten diesen Trend aufhalten und was könnte eine (erfolgreiche und sinnvolle) Digitalisierung hierzu beisteuern?

Ein häufig genannter Grund ist die wachsende Bürokratie. Wie durch die Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) von einer jungen Kollegin zitiert, bestehe der Arbeitsalltag zu ca. 30% aus medizinischen Tätigkeiten und zu 70% aus Telefonaten und Berichteschreiben. Mit Gewissheit liegen grundsätzlich Unterschiede je nach Fachrichtung und Institution vor. Jedoch ist der Trend für jeden, der medizinisch Tätig war, klar spürbar: Der Arztberuf bewegt sich weiter und weiter vom Patienten weg hin zu einem Bürojob. Dies wiederspiegelt sich in der Dokumentationswut jeglicher OP-Aufklärungen, Eingriffe, Tagesverläufe, Rezepte, Austrittsberichte, Physio-, Ergo-, Logopädie Verordnungen und vieles mehr.

Dieser Trend wird auch mittels mehreren Studien belegt, erwähnenswert hierunter die Studie von Frey et al., wobei von den durchschnittlich von Assistenzärzten in der Allgemeinen Inneren Medizin gearbeiteten 11.5 Arbeitsstunden in universitären bzw. 11.3 Arbeitsstunden an nicht-universitären Institutionen lediglich 195min (3 Stunden und 15min) respektive 116min (1 Stunde und 56min) direkt mit bzw. am Patienten verbracht wurden. (2) 362 min im universitären Spital und 383min im nicht-universitären Spital wurde in Arbeitsstunden an den Patienten investiert, davon der grösste Anteil zum Berichte schreiben.

Mögliche Lösungen und die Rolle der Digitalisierung

Die Autoren der Studie empfehlen auch, zur Effizienzsteigerung, einerseits die Delegation administrativer Aufgaben an Dritte, andererseits aber auch den administrativen Support zu verbessern, etwa durch Spracherkennungssysteme oder Formulare.

Die Frage liegt aber auch bei uns! Was soll anders sein? Was braucht es, damit Kolleginnen und Kollegen den klinischen Alltag nicht verlassen wollen? Ist es eine Frage der Arbeitszeit?

(1) Der Ausstieg aus der kurativen ärztlichen Tätigkeit Schlussbericht. https://vsao.ch/wp-content/uploads/2019/11/Schlussbericht-Studie-Berufsausstieg-2016_DE.pdf

(2) Frey SM, Méan M, Garnier A, Castioni J, Wenger N, Egloff M, Marques-Vidal P, Beer JH. Inter-hospital comparison of working time allocation among internal medicine residents using time-motion observations: an innovative benchmarking tool. BMJ Open. 2020 Feb 16;10(2):e033021. doi: 10.1136/bmjopen-2019-033021. PMID: 32066604; PMCID: PMC7044966.

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